К 30-летнему юбилею разрушения Берлинской стены.
Серьезная уступка победителя (СССР, Сталин) союзникам (раздел Берлина на оккупационные зоны) создала "мину замедленного действия" для возникшей затем Германской Демократической Республики. Эта мина взорвалась, как в силу объективного изменения баланса сил, так и серьезных ошибок команды М.С. Горбачева (Э. Шеварднадзе, А. Яковлев). "Ударная волна" повредила и СССР, и Россию. Б.Н. Ельцин затем в спешном (эвакуационном) порядке вывел бывшие советские войска из объединенной Германии.
Сколько же подобных "стен" возникло в XXI веке? Между Сербией и Хорватией, Сербией и НАТО, Россией и НАТО, Россией и Грузией, Россией и Прибалтикой, теперь еще Россией и Украиной, .
Да и в самой Германии "ментальная стена" между Востоком и Западом еще не исчезает. Развитая, богатейшая страна будет еще, по мнению федерального канцлера ФРГ, несколько десятилетий переживать непонимание между населением бывшей ГДР и бывшей западной Германии.
Приведенная выше статья из немецкого журнала "Шпигель", современная тем событиям, показывала, как в 1989 г. жители и пресса нейтральной страны Швейцарии воспринимали перемены в СССР, Германии и всей Европе.
DER SPIEGEL 51/1989 18.12.1989
Schweiz: Längst überlebt
Ratlos beobachten die Schweizer das Zusammenwachsen Europas. Sie können sich nicht länger ausschließen.
Die Nacht, in der die Mauer fiel, ließ den Schweizer Außenminister
Rene Felber völlig kalt. Sichtbar unwirsch ließ er sich im Fernsehen
den Kommentar abringen, daß die Reisefreiheit, die sich jetzt zeige,
schon in der KSZE-Schlußakte vereinbart worden war. Auf den
Vorwurf, ob dort nicht Wichtigeres geschehen sei, antwortete sein
Sprecher: "Jeden Tag geschieht Wichtiges auf der Welt. Herr Felber
kann nicht alles kommentieren."
Der Sozialdemokrat blieb auch weiterhin stumm: Kein Wort zur
Tschechoslowakei, nichts zu den Umwälzungen in Bulgarien. Das
war selbst der Neuen Zürcher Zeitung zu wenig. Sie vermißte
"Tiefenschärfe in der Analyse und Konturen beim Skizzieren
möglicher Entwicklungen".
Die Schweizer Außenpolitik, bislang als möglichst diskrete
Handelsförderung betrieben, hechelt seit Monaten hinter den
Entwicklungen in Europa her. Jetzt bemühen sich die Diplomaten im
Westflügel des Berner Bundeshauses, dem Sitz des
"Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten",
um eine neue gesamteuropäische Perspektive. Dafür müssen Opfer
gebracht werden: Das Zusammenwachsen Europas bedroht die
geheiligte Neutralität, eine Annäherung an die EG brächte die
Rechte der Bundesstaaten und Teile ihrer direkten Demokratie in
Gefahr.
Noch vor einem Jahr hatte die Regierung auf Druck der Wirtschaft
einen ausführlichen Bericht über das künftige Verhältnis des
Landes zur EG veröffentlicht. Die Schweiz, so lautete die Botschaft,
solle sich zwar, wo immer möglich, den Normen der Gemeinschaft
anpassen, ein Beitritt jedoch komme vorerst nicht in Frage.
Lange war ein Anschluß an die EG ohnehin nicht dringlich
erschienen: Die meisten kleineren und mittleren Unternehmen der
Schweiz haben früh begonnen, ihre Produktion den EG-Richtlinien
anzupassen; auch die Multis mit Niederlassungen in den Ländern
der Gemeinschaft drängten nicht zur Eile. Ärger gab es nur in der
Verkehrspolitik: Als die Schweizer darauf bestanden, das
Höchstgewicht für Lastwagen im Transitverkehr auf 40 Tonnen zu
Anmelden begrenzen, sahen die Eidgenossen ihre Vorurteile über die
arroganten Eurokraten aufs schlimmste bestätigt.
Im vergangenen März ließ sich die gemächliche Routine nicht mehr
fortführen. Der Druck kam nicht aus Brüssel, sondern von den
Freunden aus dem Freihandelsverein Efta - Österreich, Schweden,
Finnland, Norwegen und Island: Nachdem die Österreicher in
Brüssel ein Beitrittsgesuch abgeliefert hatten, wollten auch
Schweden, Norweger und Isländer ihre Kontakte zur EG verstärken.
Die Efta, schlugen sie vor, müsse dort gemeinsam antreten.
Die Berner Regierung lehnte den Vorschlag ab. Hatten die
Schweizer nicht die Efta gründen helfen, weil sie keiner
supranationalen Organisation beitreten wollten?
Noch während sich die Diplomatie um einen Konsens mit den
nordischen Partnern bemühte, begannen im Innern des Landes die
europapolitischen Dämme zu brechen: Bürgerliche Politiker ließen
plötzlich verlauten, ein EG-Beitritt sei unausweichlich. Und im
Außenministerium spielten die Planer erstmals mit der Möglichkeit,
die Neutralität aufzugeben, da sie "längst überlebt" sei.
Nach den Umwälzungen im ehemaligen Ostblock mußten die
Diplomaten zur Kenntnis nehmen, daß fast über Nacht eine ganz
neue Lage entstanden war. Nicht mehr die Frage, ob die Efta-Länder
in Brüssel einzeln oder nur als Gemeinschaft auftreten könnten,
stand nun im Vordergrund, jetzt war eine kontinentale Optik gefragt.
Darauf waren die Schweizer nicht vorbereitet: Ihre Diplomatie ist
frankophon geprägt. Der Blick nach Westen hat uralte Tradition. Seit
1444, nach der verlorenen Schlacht von St. Jakob an der Birs und
dem folgenden Frieden von Ensisheim, hielten die Eidgenossen
immer engste Tuchfühlung mit Frankreich.
Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bemühten sich die
Schweizer zusätzlich um die Gunst der Amerikaner. Auf Drängen
Washingtons erließ das Parlament Gesetze gegen den Insider-
Handel bei Börsengeschäften wie auch gegen die Geldwäscherei
von Banken.
Folge der einseitigen West-Orientierung ist ein verschobenes
Europa-Bild: die Eidgenossenschaft wohlaufgehoben im Herzen des
Kontinents - alles, was östlich der Bundesrepublik und Österreichs
liegt, ist nahezu Niemandsland.
Nun aber beginnt es der Regierung zu dämmern, daß sich die
Umgestaltung in * Mit EG-Kommissar Frans Andriessen in Brüssel.
Ungarn und Polen, in der DDR und in der Tschechoslowakei auf ihre
eigene Politik auswirken muß.
Als Sofortmaßnahme bauten die Berner Diplomaten im OECDRahmen
ein Hilfsprogramm in Höhe von 250 Millionen Franken für
Polen und Ungarn zusammen - nach bewährtem Muster: Das Geld
dient in erster Linie als Marktöffner für die einheimische
Exportindustrie, nur ein kleiner Teil ist für gemeinnützige Projekte
bestimmt.
Schwer tun sich die Schweizer noch immer, wo nicht Kredite,
sondern Konzepte gefragt sind. Doch nun haben die Planer des
Berner Außenministeriums die Idee des EGKommissionspräsidenten
Jacques Delors aufgegriffen. Der hatte
einen "Europäischen Wirtschaftsraum" (EWR), der neben der EG
eine straffere Efta und die reformierten osteuropäischen Staaten
umfassen würde, vorgeschlagen. Der Eidgenossenschaft, meinen
die Schweizer, bleibt nun keine Wahl: Sie muß sich integrieren und
dabei einen bedeutenden Teil ihrer Souveränität aufgeben.
Gefährdet sind eine Reihe der markantesten Sonderregeln im
Kartellrecht, im Steuer-, Ausländer- und Sozialrecht. Bedroht sind
aber auch Errungenschaften, die als vorbildlich gelten - vor allem im
Umweltschutz. Selbst das Schweizer Vorrecht, über jedes Gesetz
ein Referendum abhalten zu können, verträgt sich schlecht mit den
neuen europäischen Perspektiven.
"Wir stehen vor einem Umbruch", prophezeit einer von Felbers
Vordenkern, "dessen Tiefe und Tempo alles übertrifft, was die
lebenden und auch frühere Generationen je mitgemacht haben."
Zeit, dem alten Brauchtum nachzutrauern, bleibt wenig. "Die
Volksabstimmung über den EWR muß sehr bald, etwa in zwei
Jahren, stattfinden, sonst könnten wir den Anschluß verpassen."
Für Felbers Europa-Spezialisten ist das kommende Plebiszit kaum
mehr als eine Formsache: Sagen die Bürgerinnen und Bürger ja,
sichern sie sich vielleicht bei der Gestaltung des neuen Europa
etwas Mitsprache, sagen sie nein, wird von außen über sie verfügt.
Schon sprechen junge Diplomaten im Außenministerium ganz
unbefangen von der Möglichkeit, daß es in 30 Jahren die Schweiz
nicht mehr gibt.
Der erste Schritt dorthin ist bereits getan. Am vergangenen Freitag
trafen sich am Dreiländereck in Basel Francois Mitterrand, Helmut
Kohl und der Schweizer Bundespräsident Jean-Pascal Delamuraz. In
einer feierlichen Erklärung gaben sie einem langfristigen, von
lokalen Körperschaften entwickelten Programm zur
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ihren Segen.
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